Am 10. März 1930 schied Kaneko Misuzu, nachdem es zu Sorgerechtsstreitigkeiten mit ihrem Exmann gekommen war, im Alter von 26 Jahren durch Freitod aus dem Leben. Das Werk der Taishō-zeitlichen Dichterin geriet anschließend in relative Vergessenheit, bis es zu einer allmähli-chen Wiederentdeckung ab den 1970ern kam. Größere Bekanntheit erlangte Kaneko schließlich, als ihr Gedicht「こだまでしょうか」in einem Werbespot des Ad Council Japan kurz nach dem Tōhoku-Erdbeben verwendet wurde.

Heute genießt Kaneko Misuzu in Japan enorme Popularität im Bereich der Kinderpoesie. Bei aufmerksamer Lektüre offenbaren die leicht daherkommenden Gedichte über Kakis, Spatzenmütter und Sandburgen jedoch auch Abgründiges und Groteskes und es zeigt sich, dass in vielen Werken Themenkomplexe wie Traumata oder die Angst vor dem Leben und dem Tod unter-schwellig verarbeitet werden.

Das über 500 Gedichte umfassende Œuvre Kanekos ist bis heute nur teilweise ins Englische, spärlich ins Französische oder Spanische und so gut wie überhaupt nicht ins Deutsche übersetzt. Im Zentrum der Veranstaltung steht daher das gemeinschaftliche Übersetzen ausgewählter Ge-dichte Kanekos ins Deutsche und die Kernfrage: Lassen sich Gedichte übersetzen? Im Verlauf der Übung werden wir uns in diesem Zusammenhang mit dem Unterschied von Übersetzung, Übertragung und Nachdichtung im Allgemeinen sowie der Übersetzungsproblematik von japani-schen Gedichten im Speziellen beschäftigen.

Die Veranstaltung richtet sich primär an Masterstudierende, steht tendenziell aber auch Ba-chelorstudierenden im Hauptstudium offen. Bungo-Kenntnisse sind empfohlen, jedoch nicht zwingend erforderlich. Ein literarisches sowie literaturwissenschaftliches Interesse wird allerdings ausdrücklich vorausgesetzt, die Freude an der Arbeit mit dem geschriebenen Wort zumindest erhofft.

Als Vorbereitung lesen Sie bitte die in den entsprechenden Ordner hochgeladenen Lexikonartikel.

Mi 12–14, online